Kampen auf Sylt: Viel mehr als „reich und schön“…
Das Bild von Sylt als „Insel der Reichen und Schönen“ hält sich hartnäckig. Wenn es einen Ort gibt, wo diese Bezeichnung stimmt, dann ist es wohl Kampen. Hier zeigt man einfach gerne, was man hat. Andererseits können hier auch Promis ungestört ihren Kaffee trinken oder shoppen gehen.
Jürgen Klopp hat hier ein Haus, ebenso Karl-Heinz Rummenige und Reinhard Mey. Johannes B. Kerner kaufte hier mal die Immobilie mit dem höchsten Quadratmeterpreis (das winzige „Waterküken“ am Kampener Watt), zog dann aber ins benachbarte Braderup weiter. Andere Prominente kommen regelmäßig nach Kampen. Die Bandbreite ist enorm und reicht von „Poptitan“ Dieter Bohlen bis Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, von Modeschöpfer Wolfgang Joop bis zum Komiker Otto Walkes. Natürlich erkennt man die Promis in Kampen auch unter Mützen und hinter Sonnenbrillen. Aber man spricht sie nicht an, sondern gönnt ihnen ihre Erholung. Deshalb kann auch Jürgen Drews unbehelligt mit freiem Oberkörper am Strand spazierengehen oder Karl Dall in Kampen seine Brötchen kaufen.
Die Immobilienpreise in Kampen sind astronomisch, auch Deutschlands teuerste Wohngegend ist hier zu finden. Die Villen in erster oder zweiter Reihe am Kampener Watt werden für zweistellige Millionensummen gehandelt, wenn sie denn überhaupt mal auf den Markt kommen. In den prächtigen Reetdachanwesen wohnen auch Unternehmer und Industriebosse, die weniger bekannt sind – dafür aber umso reicher. Wer so viel Geld hat, arbeitet allerdings häufig auch viel oder hat weitere Wohnsitze überall auf der Welt. So kommt es, dass die exklusivsten Immobilien mitunter nur wenige Wochen im Jahr genutzt werden und ansonsten leer stehen. Eine Vermietung an Feriengäste ist in diesen Kreisen natürlich kein Thema.
Der Strönwai, die berühmt-berüchtigte „Whiskeymeile“ von Kampen. Hier ließ schon Gunther Sachs die Korken knallen, und hier feiern die „Reichen und Schönen“ bis heute.
Auch in ihrer Abwesenheit achten die Besitzer darauf, dass ihre Kampener Anwesen tip-top in Schuss sind. Das gilt nicht nur für die Villen, sondern auch für die Gärten. Die Hecken und Rosen auf den Friesenwällen sind akurat gestutzt, der Rasen wird alle paar Tage gemäht. Wie stünde man schließlich vor den Nachbarn da, wenn die Halme zu lang würden? Die hohen Ansprüche der Kampener Immobilienbesitzer sorgen jedenfalls dafür, dass den zahlreichen Gartenbetrieben und Hausmeisterservices auf der Insel die Arbeit nicht ausgeht. Besonders vor Ostern oder vor dem Start der Sommersaison lohnt sich ein Spaziergang durch die Villengegend. Dann sieht man hier mindestens drei Mal mehr Pritschenwagen mit Logos von Gartenbauern als „normale“ Autos.
Ein Tipp: Ein besonders schöner Weg am Watt und an den prächtigen Villen vorbei beginnt bei der „Kupferkanne“, einer echten Sylter Institution. In einem früheren Bunker entstand ein Café, das mit Bohnen aus eigener Röstung und täglich frisch gebackenem Kuchen lockt. Bei schönem Wetter genießt man beides am besten im weitläufigen Außengelände zwischen Kiefern und mit Blick aufs Watt. Bei „Schietwetter“ sucht man sich drinnen ein Plätzchen in einer der ungezählten Nischen. Und vermutlich wird man auch beim dritten oder vierten Besuch in dem Labyrinth von Gängen wieder neuen Plätze finden, die man nie zuvor gesehen hat – und sich ein weiteres Mal fragen, wie hier die stets freundlichen Kellner eigentlich den Überblick behalten.
Neben der „Kupferkanne“ jedenfalls gibt es einen großen Parkplatz. Der hat zwar keine feste Parkordnung, ist dafür aber kostenfrei. Am Ende des Parkplatzes führt ein Weg Richtung Wasser. Rechts geht es in die Heide, links zu den Villen der „Reichen und Schönen“. Besonders reizvoll ist der Weg direkt am Watt entlang, vorbei am „Waterküken“ und der „Springer-Burg“ (eigentlich der „Klenderhof“, der aber einst vom Verleger Axel Springer („Bild“) gekauft wurde). Irgendwann kommt die Straße Richtung List in den Blick, dann geht es nach links ein paar Meter eine Steigung hinauf. Danach einfach wieder links halten, die Reetdachvillen von hinten bestaunen und schließlich wieder an der „Kupferkanne“ ankommen.
Apropos Reet: Kampen ist der einzige Ort auf der Insel, in dem ein Reetdach per Bausatzung vorgeschrieben ist. Bis auf wenige Ausnahmen müssen Häuser hier das traditionelle und so schön anzusehende Dach bekommen. Sonst gibt es keine Genehmigung. Hohe Zäune und Mauern sind nicht erlaubt, und deshalb haben hier selbst die teuersten Villen „nur“ einen Friesenwall. (Dafür aber diskret angebrachte Kameras.) Diese Vorschriften mögen dem einen oder anderen gut betuchten Immobilienkäufer nicht gefallen – sie tragen aber zweifellos zum einmalig schönen Ortsbild von Kampen bei. Für viele ist Kampen die schönste „Stadt“ in ganz Deutschland. Und auf der Insel sowieso. Nur die Einwohner von Keitum haben da naturgemäß eine andere Meinung, aber das würde hier zu weit führen…
Das „Zentrum“ von Kampen bietet edle Geschäfte mit Niederlassungen von weltbekannten Modemarken und chicen Restaurants. Zu besonderem Ruhm hat es die „Whiskeymeile“ gebracht – eine eigentlich recht unspektakukäre und überraschend kurze Straße mit Restaurants und Clubs. Weil im „Gogärtchen“ aber die Promis verkehren und im „Pony“ schon Gunther Sachs wilde Partys feierte, umweht die wenigen hundert Meter ein Mythos, der einen unweigerlich in seinen Bann zieht. Wenn es irgendwo ums „Sehen und Gesehen-Werden“ geht, dann hier. Deshalb versucht man auch alles, um mit seinem Rollys-Royce, Bentley oder Porsche möglichst direkt vor den angesagten Läden zu parken.
Kampen ist aber nicht nur „schicki-micki“, sondern oft auch ganz bodenständig. Egal, ob man sich im Strandkiosk „Buhne 16“ Kaffee und Kuchen mit Meerblick schmecken lässt oder einfach den kilometerlangen Strand genießt: Kampen ist vor allem wunderschöne Natur. Und um die zu genießen, braucht man keine Millionen auf dem Konto.
Für alle gleich und komplett kostenlos ist auch ein besonderes Spektakel am Abend: Wenn der Tag zu Ende geht, dann wird der Parkplatz neben der (derzeit geschlossenen) „Sturmhaube“ zum Treffpunkt für alle, die den Sonnenuntergang ansehen wollen. Das „rote Kliff“ in Kampen heißt so, weil die ohnehin rötliche Färbung des Sandes von der Abendsonne noch einmal verstärkt wird. Oben auf den Dünen lässt sich das langsame Versinken der Sonne im Meer ganz wunderbar genießen. Und wer noch höher hinauf will, der erklimmt die Kampener Uwe-Dühne – übrigens auch tagsüber ein sehr reizvolles Vergnügen. Man muss zwar mehr als hundert Stufen hinter sich bringen, dafür wird man aber mit einem wundervollen Rundumblick über die ganze Insel belohnt.