Wenningstedt auf Sylt

Ein hässliches Entlein war Wenningstedt nie, höchstens ein wenig unscheinbar im Vergleich zum glamourösen Kampen oder dem vornehmen Keitum. Seit ein paar Jahren aber ist Wenningstedt definitiv ein wunderschöner Schwan – und hat die vielleicht schönste Promenade auf der ganzen Insel.

Wer schon länger nach Sylt kommt, der erinnert sich ein paar Jahre zurück: Ganz vorne an der Kliffkante hatte das Fischrestaurant „Gosch“ Tische und Bänke stehen, links und rechts gab es freie Fläche mit ganz viel Schotter. Und runter zum Strand ging es über eine ziemlich schmale Treppe, die ihre besten Zeiten hinter sich hatte. So lebte Wenningstedt eine Weile vor sich hin, ehe es geradezu wachgeküsst wurde. Der große Umbau begann mit einem Abrisskommando, dessen Arbeit Generationen von Sylt-Urlaubern wehmütig seufzen ließ: Das eigentlich schöne und gemütliche Haus, in dem „Gosch“ seine Fischbrötchen und komplette Menüs servierte, wurde abgerissen. Und mit ihm die Außenterrasse, die Schauplatz ungezählter wundervoller Stunden und fantastischer Sonnenuntergänge war. Weichen sollte das alles, damit hier das neue „Haus des Gastes“ entstehen konnte. Jürgen Gosch, der nimmermüde „Fischpapst“ von Sylt, tauschte dafür sein Grundstück mit der Stadt. Und dann vollbrachte er sein Meisterstück: „Jünnes Düne“, ein großes Bauwerk mit geschwungenem Dach, dessen Pläne anfangs auf wenig Gegenliebe stießen. Doch Gosch ließ sich nicht beirren, und heute hat das Gebäude fast nur noch Bewunderer. Weil es jede Menge Platz bietet und eigentlich wirklich groß ist – aber dank seiner einmaligen Form und der riesigen Glasflächen überhaupt nicht klotzig wirkt. Es ist, das geben inzwischen selbst die meisten Kritiker zu, ein wunderschöner Bau, der sich perfekt in die Landschaft fügt und irgendwo so wirkt, als wäre er schon immer da gewesen und als müsste er auch genau hier stehen. In der Hochsaison ist es manchmal nicht so ganz einfach, zum Abendessen einen freien Platz im Restaurant zu finden. Aber auch ein paar Minuten Wartezeit lohnen sich. Denn hier schmeckt es einfach gut, und der Panorama-Meerblick ist ohnehin unbezahlbar.

Vor „Jünnes Düne“ wurde ein schöner, breiter Weg angelegt, mit Holzbohlen, Pflastersteinen und Einfassungen aus Granit. Auf Metallständern befestigte Baumstämme und diverse Bänke laden zum Verweilen ein. Auch die kostenlos nutzbaren Strandkörbe auf der Promenade sind an sonnigen Tagen begehrte Plätze. Neben dem neuen „Gosch“ leistet sich Wenningstedt den Luxus eines kleinen Parks, und noch ein paar Schritte weiter steht das „Haus des Gastes“. Auch hier haben die Paner Geschmack bewiesen. Sie orientierten sich am klassischen Bäderstil und kombinierten ihn mit einem hochmodernen Veranstaltungssaal namens „kur3“. Das Programm auf der Bühne muss dort immer mit dem wundervollen Blick aufs Wasser konkurrieren – keine leichte Aufgabe, wenn nach einem schönen Tag die Sonne im Meer versinkt. Im Kursaal gibt es vor allem während der Saison ein abwechslungsreiches Kulturprogramm. Die Räumlichkeiten können aber auch von Privatleuten und Firmen für eigene Veranstaltungen gebucht werden. Außerdem haben im „Haus des Gastes“ das Tourismus-Büro, ein Restaurant, ein Bäcker und weitere Geschäfte ein Zuhause gefunden.

Den krönenden Schlusspunkt unter seine Erneuerung setze Wenningstedts mit der Einweihung der neuen Strandtreppe. Sie ist jetzt sehr viel breiter als die alte, bietet einen Aufzug für Menschen im Rollstuhl und eine Rutsche für Kinder. Auch für bequem gepolsterte Bänke blieb Platz – hier entstand ein neuer Treffpunkt für alle, die Sonnenuntergang genießen wollen.

Einen weiteren Zugang zum Strand gibt es ein paar hundert Meter weiter rechts. Von der Berthin-Bleeg-Straße aus geht es ein paar Holzstufen hinauf zum Häuschen der Kurkarten-Kontrolleurin, dann einige Stufen wieder runter und schließlich gut fünfzig Meter geradeaus über einen breiten Holzsteg. Hier bietet sich ein wunderbares Panorama, das sicher schon Tausende Male fotografiert wurde und an dem sich ein echter Sylt-Liebhaber doch niemals sattsehen kann. Die letzten Meter zum Strand sind dann nicht ganz ohne, weil es hier sehr steil nach unten durch den Sand geht. Wer nicht allzu gut zu Fuß ist, der sollte besser die neue Strandtreppe vor dem „Haus des Gastes2 wählen.

Und überhaupt gibt es für den Aufgang an der Berthin-Bleeg-Straße noch einen guten Grund als „nur“ den Wunsch, zum Strand zu kommen. Man kann nämlich unmittelbar vor dem Kartenhäuschen nach rechts abbiegen und dann gemütliche über die Holzstege durch die Dünen marschieren. Wer unterwegs Hunger bekommt, biegt bei „Wonnemeyer am Strand ab“ und lässt sich bei schönstem Meerblick kulinarisch verwöhnnen. Alle anderen wandern weiter an der Kante des zunehmend steiler werdenden Kliffs entlang. Und wenn man nicht kehrt macht, landet man irgendwann in Kampen. Unser Tipp: Bei einem Spaziergang die eine Strecke am Strand zurücklegen und die andere oben übers Kliff – einfach traumhaft!