Sie gehören zu Sylt und der Nordsee wie das Curry zur Wurst. Ohne die weißen und wolligen Tiere auf dem Deich kann man sich die Küstenregion gar nicht vorstellen. Und dazu sind sie einfach so niedlich – gerade, wenn es im Frühjahr Junge gab. Die Rede ist von den wohl effektivsten lebendigen Rasenmähern Schleswig-Holsteins, den Küsten-Schafen.
Auf Sylt findet man die Vierbeiner ebenso häufig wie überall in Nord- und Ostfriesland. Schafe sind einfach Multitalente: Sie halten die Vegetation kurz, trampeln unerwünschte Pflanzen nieder und liefern zudem noch großartige Wolle, köstliche Milchprodukte und – auch wenn das nicht jeder gern hört – zartes Fleisch. Auf Sylt findet man Schafe auf jedem Deich und auf jeder Salzwiese, wo sie sich an den Kräutern und Gräsern satt fressen.
Wichtige Deichpflege
Stärken müssen sich die Sylter Schafe allein schon deshalb, weil sie nicht nur kuschelige Wolllieferanten sind, sondern in diesem Falle auch wichtige Mitarbeiter im Insel- und Naturschutz. So sorgen Schafe zum Beispiel durch das Festtrampeln der Böschung mit ihren Hufen dafür, dass der Deich erhalten und stabil bleibt. sorgen für die Erhaltung der Deiche, indem sie mit ihren Hufen die Böschungen festtrampeln.
Die Schafhaltung ist in Friesland schon seit vielen Jahrhunderten ein wichtiger Bestandteil. Statistiken sprechen von etwa 150.000 Schafen im gesamten Kreis Nordfriesland, und das sind fast so viele Schafe wie Einwohner – davon gibt es hier rund 165.000. Auf der Insel Sylt haben die niedlichen Tiere nicht nur die Aufgabe der Deichsicherung, sie sind auch für die Pflege der im Sommer so schön blühenden Heide zuständig. Denn die ist eine Kulturlandschaft und muss gut gepflegt werden, damit sie erhalten bleibt. Man könnte auch sagen, die Schafe sind die „Polizei der Heide“. Denn Schafe sorgen dank ihres gesunden Appetits dafür, dass die Schößlinge und kleinen Pflanzen rund um die Heide kurz gehalten werden, sodass die Heidepflanze genug Platz und Luft hat, um sich zu entwickeln. Gäbe es die vierbeinigen Rasenmäher nicht, dann liefe die Heidelandschaft Gefahr zu vergrasen oder zu verwalden. Auch zertrampeln die fleißigen Schnucken mögliche Spinnennester zwischen den Heidepflanzen.
Dazu kommt, dass die Heidepflanze streng genommen nährstoffarme Böden zum Wachsen braucht, diese aber im Laufe der Zeit selbst mit zu viel Nährstoffen anreichert. Diese überschüssigen Nährstoffe schaffen die Schafe in ihrem Kot wieder aus der Heide heraus.
Ein besonderer Leckerbissen für Schafe ist zudem die Rosa Rugosa (Kartoffelrose oder Kamtschatkarose). Die riecht zwar toll und ist bei Urlaubern sehr beliebt, doch verdrängt die ursprünglich aus Sibirien stammende Blühhecke die Heide und andere seltene Pflanzen, die in der Heidelandschaft heimisch sind. Insgesamt kann man ca. 150 Pflanzenarten in der Heide finden, davon steht etwa die Hälfte auf der Roten Liste der bedrohten Arten.
Vorsicht walten lassen
Auf Sylt trifft man Schafe wirklich an jeder Ecke. Seien es die Schafe auf dem Archsumer Deich, die Wanderschafherde in Morsum oder die vielen Schafe in der Lister Heidelandschaft. Die leben allerdings wild und ohne Schäfer. Dafür haben sie Vorfahrt – immer. Schon wenn man über die am Weststrand entlang führende Straße nach List fährt, sieht man immer wieder Schilder, die darauf hinweisen, dass die Trampelpfade in den Dünen ausschließlich für „vierbeinige Schafe“ gedacht sind. Um von der einen auf die andere Seite zu kommen, müssen die Schafe allerdings die Straße überqueren, und Autos interessieren sie dabei knapp die Hälfte. Schafe laufen einfach, als ob sie wüssten, dass der Autofahrer schon anhalten wird. Gerade in den Lister Dünen und am Ellenbogen ist also höchste Vorsicht geboten, wenn man mit dem Auto unterwegs ist, denn die Sylter Schafe gucken weder nach rechts noch nach links – als ob man ihnen vorab gesagt hätte, dass die auf jeden Fall „Vorfahrt“ haben.
Besonders niedlich ist es im Frühjahr, wenn die vielen kleinen Lämmer zur Welt kommen und mit fröhlichen Bocksprüngen auf Wiesen und Deichen unterwegs sind. Bisweilen liegen die Kleinen auch geschützt im Gras, immer in der Nähe der Muttertiere, die höllisch gut auf ihre Jungen aufpassen. Wer scharf auf ein schönes Foto mit den kuscheligen Frühlingsboten ist, der hat am Ellenbogen und auf dem Nössedeich zwischen Keitum und Morsum die besten Chancen.
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