99,14 km² Strand, Dünen, Wellen und schönste Meeresidylle – das ist Sylt, die viertgrößte Insel Deutschlands und die größte der Nordseeinseln. Millionen von Besucher pilgern jedes Jahr auf das schmale Eiland, um hier die schönsten Wochen des Jahres zu verbringen. Und wir können sie verstehen, zieht es uns doch selbst immer wieder zurück auf die Königin der Nordsee.

Wer an Sylt und seine Geschichte denkt, der hat wahrscheinlich vor allem die Zeit ab den 70er Jahren im Kopf, als Gunter Sachs und seine Kumpane wilde Feten auf Sylt feierten und der Insel damit einen Anstrich verliehen, den sie nie wieder los werden sollte. Die „Insel der Reichen und Schönen“ wird Sylt von vielen genannt, und zugegeben, das ist sie bisweilen auch. Insbesondere, wenn man sich die schicken Strandvillen und riesigen Häuser anschaut, die in zahlreichen Fällen den größten Teil des Jahres leer stehen. Hätte man den armen Bauern vor vielen hundert Jahren erzählt, was ihre Grundstücke einmal wert sein würden, sie hätten wohl schallend gelacht.

Doch Sylt ist mehr, viel mehr als schicke Villen, teure Boutiquen und erlesene Restaurants. Die Insel hat viel zu bieten und vor allem eine lange Geschichte, die bis in die Steinzeit zurückreicht. Nur bleibt die in den meisten Momenten unbeleuchtet, und das, obwohl die eigentlich ganz interessant ist.

Als Sylt noch Marschland war

Um Sylt von seinen Anfängen aus zu beleuchten, muss man eine sehr lange Zeit zurück – genauer gesagt mehr als 10.000 Jahre.

Zeitzeugen der Geschichte sind zum Beispiel die Felsen des Roten Kliffs, die beim Abschmelzen des Nordmeer-Eises vor rund 12.000 Jahren entstanden sein müssen. Menschen gab es damals auf Sylt noch nicht, die ersten Siedler kamen wahrscheinlich in der mittleren Steinzeit auf die Insel. Davon zeugen einige gut erhaltene Hügelgräber wie der Denghoog in Wenningstedt, den man auch besichtigen kann. Neben dem Denghoog gibt und gab es noch einige andere Grabmale, doch wurden viele davon im Laufe der Zeit zerstört. Auch die Eisen- und Wikingerzeit hat mit Hausresten und tellerförmigen Warften ihre Spuren hinterlassen.

Den Begriff „Silt” oder „Sild”, wie die Insel ursprünglich genannt wurde, findet man zum ersten Mal in Unterlagen aus der Zeit um 1141. Woher schließlich der Name „Sylt“ selbst kommt, darüber streiten sich die Experten. So meinen einige, das Wort stamme aus dem angelsächsischen Sprachraum, wo es lautähnlich dem englischen Wort „sill“ (zu Deutsch: Schwelle) einzuordnen sein, sodass Sylt so etwas wie „Landschwelle” bedeuten könnte. Nachvollziehbar, denn einst war Sylt das erste Stückchen Land, das Seefahrer in Richtung Osten zu sehen war. Wieder andere Leute sehen den ethymologischen Ursprung Sylts in dem dänischen Begriff „Sild“, der Hering bedeutet. Könnte ebenfalls stimmen, schließlich waren die Sylter schon immer große Heringsfischer, und der Hering findet sich sogar auf einigen Wappen der Insel.

Woher auch immer nun der Name „Sylt“ stammen mag, Fakt ist, dass unsere Lieblingsinsel dereinst zu einer großen Marsch- und Moorlandschaft gehörte, die sich weit ins heutige Wattenmeer erstreckte. Das änderte sich im Jahr 1362, als der „Blanke Hans“ eine der wohl schlimmsten Sturmfluten über die nordfriesische Küste jagte. Bekannt wurde diese als die „grote Mandränke“ oder auch Marcellusflut. Mehrere 100.000 Menschen fielen der Naturkatastrophe damals zum Opfer und es entstand das Küstenbild, welches wir bis heute kennen. Am bekanntesten ist wohl die Geschichte der sagenumwobenen Stadt Rungholt, die ebenfalls von den gewaltigen Fluten verschlungen wurde.

1386 schließlich teilte man Sylt zwischen dem Herzogtum Schleswig und dem Königreich Dänemark auf. 69 Jahre später fiel die Insel bis auf List und das angrenzende Listland gänzlich in Schleswigs. Nach und nach lassen sich immer mehr Siedler auf Sylt nieder, sodass um 1640 das erste Mal eine Sylter Schule in den Chroniken auftaucht. Ab dem 16. Jahrhundert ist Sylt vor allem durch den Fisch- und Walfang geprägt. In dieser Zeit kommen einige Sylter zu echtem Wohlstand, insbesondere die Walfang-Kapitäne, davon kann man sich bis heute beim Anblick der prächtigen Kapitänshäuser in Keitum überzeugen.

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