Beim Spaziergang am Strand erleiden viele Menschen nach nur wenigen Schritten einen „Haltungsschaden“. Kaum einen Fuß in den Sand gesetzt, knickt der Oberkörper ab und das Gesicht wendet sich zum Boden – denn nur dort findet man die schönsten Souvenirs, die die Nordsee zu bieten hat: wunderschöne Muscheln und Schneckenhäuser.

Bisweilen ist man sich bei seinem Fund aber gar nicht so sicher, was denn nun was ist. Die Grundregel hier: Hat es zwei Hälften, ist es eine Muschel. Sind diese noch geschlossen, lebt die Muschel noch. Ist es spiralförmig gewunden, ist es ein Schneckenhaus – hier sollte man allerdings kontrollieren, ob nicht doch noch jemand in dem Häuschen „wohnt“, bevor man seinen Fund final einsackt.

Ein ewiger Kampf

Muscheln und Schnecken haben es an der Nordseeküste zu Lebzeiten wirklich nicht immer leicht. Unter anderem haben es hungrige Seesterne, Fische, Krebse und Vögel auf die Weichtiere abgesehen und jagen sie mit entschlossener Vehemenz. Manchmal haben sogar Schnecken einige Muschelarten zum Fressen gern. So bohren zum Beispiel Nabelschnecken Löcher in die Muschelschale, um an das Muschelfleisch zu gelangen.

Muscheln und Schnecken haben wie viele andere Kleintieren auch eine große Bedeutung für die Auftrechterhaltung des Ökosystems Wattenmeer. Dazu gehört zum Einen die bereits erwähnte Aufgabe als Nahrung für andere Meeres- und Küstenbewohner tierischer Art. Zudem sind die kleinen Schönheiten echte Schwerstarbeiter, denn sie filtern und säubern unser Meerwasser ihr ganzes Leben lang. Miesmuscheln etwa können dem Meerwasser sowohl Sauerstoff zum Atmen als auch Nahrung entnehmen. Es gibt auch Muschelarten, die mit Siphonen ausgestattet sind durch welche sie Wasser in den Mantelraum einsaugen und wieder ausstoßen können.

So schafft es eine einzelne Miesmuschel abhängig von ihrer Größe ca. ein bis drei Liter Wasser pro Stunde zu filtern. Insgesamt kommen dadurch während der überfluteten Zeit 10 bis 20 Liter Wasser pro Tag und Muschel zusammen. Noch deutlicher wird die Bedeutung der Muscheln, wenn man sich vor Augen hält, dass diese im Sommer gemeinsam mit anderen für die Filtration zuständigen Meeresbewohnern das gesamte Wasser des Wattenmeeres innerhalb einer Woche einmal komplett durch filtern.

Köstlicher Metusalem

Speziell auf Sylt findet man am Strand zudem immer wieder die Pazifische Auster, die hier eigentlich so gar nicht hin gehört. Sie wurde in den 1980er Jahren eingebracht und es geschafft, sich im gesamten Wattenmeer auszubreiten – die Bedingungen dazu waren nahezu optimal. Die Auster ist nicht nur lecker, sie hat auch eine schimmernde perlmuttartige Schale und ist zudem ein echter Metusalem, denn eine Auster kann zwischen 20 und 30 Jahren alt werden.