Sylt und seine Tierwelt – faszinierend, abwechslungsreich und atemberaubend schön. Unzählige zwei- und vierbeinige oder gar nur mit Flossen ausgestattete Tiere nennen die See vor und rund um Sylt ihre Heimat. Gott sei Dank möchte man bei manchen sagen, denn einige von ihnen galten bereits als so gut wie ausgestorben.

Schlecht sah es zwischenzeitlich zum Beispiel für die Kegelrobbe aus. Sie kam kaum noch in der Nordsee vor. Nun haben sich die Bestände erholt und es gibt immer mehr von ihnen – vor allem in der Nähe von Amrum, Juist und Helgoland. Kein Wunder also, dass man die flinken Schwimmkünstler auch von den Sylter Stränden aus oft sehen kann. Schließlich ist die Insel nur einen Katzensprung entfernt.

Das größte Raubtier der Nordsee

Warum die Kegelrobben ihren Namen tragen, sieht man auf den ersten Blick. Denn anders als die artverwandten Seehunde haben Kegelrobben einen kegelförmigen Kopf mit langgezogener Schnauze. Vor allem bei den Männchen, die zudem ein dunkles Fell mit hellen Flecken tragen, ist die Kopfform stark ausgeprägt. Weibchen erkennt man auch an ihrem oftmals deutlich helleren Fell mit dunklen Flecken. Eltern werden die Kegelrobben in der eigentlich ungünstigsten Jahreszeit, die sie sich aussuchen konnten. Im Winter bringen die Tiere auf Sandbänken und am Strand ihre Jungen zur Welt. Doch die Kleinen sind von Geburt an gut gegen die Kälte geschützt. Sie kommen mit einem hellen, weichen und dicken Fell auf die Welt, unter dem eine dicke und wärmende Speckschicht sitzt. Zudem haben die Jungen einen gesunden Appetit und nuckeln sich Dank Mamas fetthaltiger Milch pro Tag rund ein bis zwei Kilo an Gewicht an.

Eine Kegelrobbe hat es auf Sylt zu echter Berühmtheit gebracht. „Willi“ taucht seit Jahren regelmäßig im Hörnumer Hafenbecken auf und wartet darauf, dass ihn Touristen und Einheimische mit leckerem Hering füttern. „Ihn“ ist jedoch eigentlich nicht ganz richtig, denn Willi ist eine Kegelrobben-Dame, wahrscheinlich sogar schon die Tochter der ersten Willi, die ebenfalls den geschlechtsunpassenden Namen trug. Neugierig und wenig scheu steckt Willi im Hafenbecken den Kopf aus dem Wasser und kommt recht nah an die Menschen heran. Bei einem Fischhändler am Hafen kann man sogar extra Fische für Willi kaufen. Allerdings muss man schon ein wenig Glück haben, damit man der Kegelrobben-Dame auch begegnet, denn meistens ist die auf Fischfang im größten Aquarium Deutschlands …

Niedliche Jäger

Artverwandt mit den Kegelrobben ist das zweite größte Raubtier Deutschlands, und es gehört zur Nordsee wie die Currywurst zur Pommes. Seehunde zieren nicht umsonst viele maritime Souvenirs und sind als Kuscheltiere bei Kindern extrem beliebt. Auf den Sandbänken kann man die Tiere eigentlich immer finden. Hier liegen sie auf den ersten Blick faul und träge in der Sonne und sammeln Kraft für ihren nächsten Raubzug. Zudem bringen die Tiere hier zwischen Mai und September ihre Jungen zur Welt und wechseln ihr Fell. Die kleinen Seehunde, auch Heuler genannt, sind um einiges selbstständiger als kleine Kegelrobben. Sie werden mit einem den erwachsenen Tieren sehr ähnlichen Fell geboren und folgen der Mutter bereits bei der ersten Flut nach ihrer Geburt ins Wasser.
Futter für die kleinen Seehunde gibt es nur bei Ebbe, wenn man sich wieder auf den Sandbänken sammelt. Nur vier bis sechs Wochen säugen die Mütter ihre Jungen, sodass die Jungtiere sich extrem schnell ein gutes Gewicht anfuttern müssen. So hat ein kleiner Seehund sein Gewicht nach der Säugephase bereits verdreifacht, und das ist auch gut so. Schließlich braucht auch er die schützende Fettschicht, um in der kühlen Nordsee zu überleben. Im Gegensatz zur Kegelrobbe lernt der kleine Seehund noch während der Säugeperiode, wie man sich in der Nordsee sein Essen organisiert. Dank dieses frühen Trainings ist der Seehund einer der besten Räuber im Meer, der sogar bestens bei Nacht jagen kann. Dann ertasten die Seehunde mittels ihrer langen Barthaare die Verwirbelungen, die Fische im Wasser verursachen und schlägt blitzschnell zu.

Einmal ausgewachsen kann ein Seehund etwa 1,80 m lang, über 100 kg schwer und rund 40 Jahre alt werden. Viele der Tiere erreichen dieses Alter jedoch nicht einmal annähernd, und die Schuld trägt leider der Mensch. Fühlt sich eine Seehund-Mutter gestört oder bedroht, flieht sie und lässt das Jungtier dabei oft zurück. So bekommen die Kleinen nicht genug Futter und verenden an Unterernährung.

Findet man am Strand ein allein gelassenes Seehundbaby, sollte man mit Ruhe und Bedacht handeln. Auf keinen Fall darf man das Junge anfassen oder sich ihm zu sehr nähern. Bisweilen hat die Mutter es nämlich nur während der Jagd „abgelegt“ und holt das Jungtier später wieder ab. Sind zu viele Störfaktoren vorhanden, tut sie dies nicht. Ist man sich sicher, dass die Mutter nicht auftaucht oder dass das Junge verletzt ist, heißt es immer noch: Abstand wahren. Seehundjäger, deren Name Schlimmeres vermuten lässt als dahinter steckt, sind die Experten, wenn es um verlassene Jungtiere geht. Auf Sylt kann man sich zum Beispiel an das Zentrum Naturgewalten wenden, welches enge Kontakte zu den Fachleuten pflegt. Diese kommen dann so schnell wie möglich an den Strand und verschaffen sich einen Überblick. Ist das Tier verletzt, fangen sie es schnell und fachkundig ein und bringen es schließlich in die Aufzuchtstation nach Friedrichskoog, wo der kleine Seehund wieder aufgepäppelt wird. Ist er kräftig genug, entlässt man ihn wieder in seinen natürlichen Lebensraum, die Nordsee.

„Gib das wieder her, das ist meins!“ – Schreie, wie man sie an den Sylter Stränden und auf den Promenaden immer wieder hört. Der Grund ist zumeist grau-weiß, hat einen gelben Schnabel mit einem roten Punkt und ist wirklich dreist und blitzschnell. Möwen sind auf Sylt wie überall an der Nordsee allgegenwärtig und leider sehr schlau.

Schnell haben die Vögel gelernt, in welchen Tüten sich die leckeren Sachen verbergen und können sogar Rücksäcke und Taschen öffnen, die man beim Bad in der Nordsee im Strandkorb zurückgelassen hat. Hinterrücks greifen sie auch aus der Luft an – so hat schon so manches Fischbrötchen einen anderen Konsumenten gefunden als ursprünglich gedacht. Kein Wunder, dass es auf Sylt strengstens verboten ist, Möwen zu füttern. Und mal ganz ehrlich: Das schaffen die flinken Räuber auch wunderbar allein.

Doch Möwen gehören irgendwie ja auch dazu. So richtig nach Nordsee fühlt es sich eben erst an, wenn man die Schreie der Möwen im Ohr hat und die Tiere dabei bewundert, wie sie quasi schwerelos über die See und auf dem Wind gleiten. Af Sylt gibt es viele Arten von Möwen, so zum Beispiel die Dreizehenmöwe oder die Schwalbenmöwe. Neben ihnen haben noch rund 240 andere Vogelarten Sylt zu ihrer Heimstatt oder ihrer Heimat auf Zeit erklärt. Die Bedingungen könnten besser auch nicht sein: Wiesen, Seen, Feldern, Heide sowie Strände und Düne bieten den Tieren einen vielseitigen Lebensraum mit allerlei Versteckmöglichkeiten, in denen es sich prima leben lässt und der ebenso eine geschützte Aufzucht der Jungen garantiert. Auch das Nahrungsangebot ist reichhaltig – mal ganz von den Fischbrötchen, den Pommes und dem Eis abgesehen.

Beeindruckende Schwärme

Zwei Mal im Jahr kommen abertausende Zugvögel hinzu, die auf Sylt Pause von der langen Reise machen. In riesigen Schwärmen rasten die Vögel – zum Beispiel Ringelgänse – dann in Sylter Salzwiesen und bieten eine eindrucksvolle Kulisse. Vogelbeobachter und -kundler sind hier also bestens aufgehoben. Gut zu beobachten sind Vögel übrigens auch rund zum das geschützt liegende Rantumbecken. Rast machen auf Sylt auch Alpenstrandläufer, Pfuhlschnepfen und Knutts. Bisweilen kommen auch Hochseevögel wie Alke, Basstölpel und Dreizehenmöwen auf die Insel, vor allem dann, wenn über dem Meer die heftigen Herbststürme toben.

Wer sich eingehend über die Sylter Tierwelt informieren möchte, dem sei ein Besuch der Arche Wattenmeer in Hörnum, des Aquarium Sylt in Westerland oder des Zentrums Naturgewalten in List wärmstens empfohlen.