Jeder Landstrich hat so seine Traditionen, und gerade um die das Weihnachtsfest herum zeigen sich die Menschen sehr traditionsbewusst. Ob das nun das gemeinsame Singen, ein Familientreffen, ein bestimmter Tannenbaumschmuck oder ein besonderes Essen ist – Traditionen sind wichtig und schweißen zusammen. Natürlich hat Nordfriesland ebenfalls seine ganz eigenen weihnachtlichen Traditionen, die zum Teil auch auf Sylt umgesetzt werden.
Eine solche Tradition ist zum Beispiel der „Julbaum“, im Sylter Friesisch auch Jöölboom und im Föhrer Friesisch Kenkenbuum genannt. Hierbei handelt es sich um eine aus Holz bestehende Version des Tannenbaums, die mit immergrünen Zweigen aus Efeu oder Buchsbaum, vier Kerzen und Figuren – sogenannten Kenkentjüch oder Popen – dekoriert wird. Eigentlich ist der Julbaum ein klassisches Produkt aus der Katgeorie „Not macht erfinderisch“, denn er entstand, als es auf den Insel und Halligen keine Tannen gab. Symbolisieren soll er dasselbe wie jeder Tannebaum: die Hoffnung, dass auf den Winter der lebendige Frühling folgt. Die kleinen Figuren zeigen in der Regel Adam und Eva, einen Hund, ein Pferd und einen Hahn dar, an der Küste zumeist auch noch einen Fisch und ein Segelschiff. Die Figuren sind ein Symbol für vorchristliche Opfergaben und haben einen genauen Aufbau: Unten am Sockel stehen Adam und Eva mit der Schlange, über ihnen sitzen Pferd und Hund und an der Spitze der Hahn. Zudem kommen an einen oben engebrachten Kranz Äpfel oder Backobst.
Auf Sylter Märkten kann man mitunter in der Weihnachtszeit auch einen Julbaum kaufen. Am meisten Spaß macht jedoch das selber Bauen. Das kann man zum Beispiel unter Anleitung beim gemeinsamen Jöölboom-Kranzbinden des Sylter Vereins „Sölring Foriining“. Schlendert man in der Adventszeit durch die Sylter Gassen wird man sicherlich den einen oder anderen Julbaum hell erleuchtet in den Fenstern finden.
Getrunken wird an der Küste streng genommen auch Glühwein, der heißt hier nur anders, nämlich Glögg und stammt ursprünglich aus Skandinavien. Korn oder Wodka sowie weihnachtliche Gewürze, Rosinen und Mandeln haben einen Platz im traditionellen Rezept. Für süße Schnuten gibt es einen leckeren Eiergrog. Für ihn kommt – nach Originalrezept – ein Eigelb in einen Becher, welches man mit einem Esslöffel Zucker schaumig schlägt. Danach wird die Masse mit Rum und kochendem Wasser aufgefüllt.
Oder mal etwas ganz Abgedrehtes: Nichts für „Warmduscher“ ist eine der älteren Sylter Traditionsveranstaltungen, bei der einem schon vom Zusehen kalt werden kann. Immer am 26. Dezember treffen sich Wagemutige und Menschen ohne Kälteempfinden am Westerländer Hauptstrand zum alljährlichen Weihnachtsbaden. Kuschelige fünf Grad (!) hat die Nordsee um diese Jahreszeit und ist damit kaum wärmer oder kälter als die Winterluft. Kein Wunder also, dass die Teilnehmer auf Kommando schnell in die Fluten sprinten – wer hier zu lange überlegt, der ist raus. Eine wirkliche Kleiderordnung gibt es dabei nicht: FKK ist ebenso erlaubt wie normale Badekleidung oder sogar das eine oder andere Weihnachtsmannkostüm. Rund 150 Teilnehmer trauen sich den Sprung in die eisigen Fluten jedes Jahr zu. Wer dabei sein möchte (oder eine Wette verloren hat), der kann sich am Veranstaltungstag ab 13 Uhr vor der Galerie am Meer auf der Promenade anmelden. Natürlich kann man dem bunten Treiben auch einfach dick eingemummelt und mit einem leckeren Punsch in der Hand zusehen und die Teilnehmer mit Applaus anfeuern.
Gute Stimmung herrscht in der Regel auch an Fröhlich Silvester, wenn die Friesen sich beim Rummelpott-Laufen vergnügen. In bunten Kostümen sind dann die Kinder unterwegs, um mit einem Topf, einer Tasche oder Körben von Haus zu Haus zu ziehen und vor den Türen fröhliche Lieder zu singen. Als Gegenleistung gibt es von den Bewohnern Süßigkeiten. Verweigert man die milde Gabe, muss man damit rechnen in einem Lied verspottet zu werden. Früher versuchte man mit der Tradition des Rummelpotts zwischen Weihnachten und Neujahr die Wintergeister zu vertreiben. Übrigens können auch die Erwachsenen Rummelpottlaufen gehen – hier gibt es aber eher das eine oder andere Schnäpschen statt einer Süßigkeit.
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