Wer an eine Volkshochschule denkt, der denkt wahrscheinlich erst einmal an einen Zweckbau – gerne aus den 70er Jahren – und recht kahle, eher einem Bürogebäude angepasste Gänge. Den Wenigsten werden dabei frischer Nordseewind oder sich in selbigen wiegende Dünen in den Sinn kommen. Auf Sylt geht das, Volkshochschule und Natur. Denn hier befindet sich die Volkshochschule im Klappholttal mitten in den Lister Dünen – und das bereits seit 100 Jahren, schließlich konnte die Einrichtung im vergangenen Jahr ihren runden Geburtstag feiern.

Ganze 20 Hektar ist das Gebiet groß, auf dem man die „Akademie am Meer“ findet. Zugegeben, eindrucksvoll ist die Akademie nicht, eher schlicht gehalten, mit kleinen Holzhäusern, die sich in und an die Dünen schmiegen. Viele waren noch nie hier, besuchen aber gern die Konzerte, Lesungen oder Vorträge, die regelmäßig von der Akademie am Meer angeboten werden.

Eine zufällige Entdeckung

Kurz nach Gründung der Akademie musste man noch per Wer Fähre von Hoyerschleuse nach Munkmarsch reisen, denn den Hindenburgdamm gibt es erst seit 1927. Per Raddampfer kam auch der Hamburger Arzt Knud Ahlborn nach Sylt, doch legte das Schiff wegen Niedrigwasser nicht in Munkmarsch, sondern in List an. Mit der Bahn wollte Ahlborn weiter nach Süden, und der Zufall wollte es, dass die Bahn an der Haltestelle Klappholttal anhalten musste, um die Lokomotive mit Wasser zu versorgen. Hier entdeckte Knud Ahlborn sechs Baracken, die zu einem ehemaligen Militärlager der Kaiserlichen Marine gehörten. Er kaufte diese und legte so den Grundstein für die Akademie am Meer. Das damals nur 7,5 Hektar große Grundstück kaufte er 1925.

Seit 20 Jahren befindet sich die Akademie, die offiziell zum Verband der deutschen (Heim-) Volkshochschulen gehört, unter der Leitung von Hartmut Schiller. Auf die Fahnen hat sich die Akademie seit jeher einen intellektuellen Diskurs, Kunst und Kultur geschrieben. Wer gern kreativ ist, für den ist das Klappholttal genau die richtige Adresse.

Gegründet wurde die Akademie eher spontan im Jahre 1919, bis heute hat sich eine Einrichtung mit buntem Programm und eigenen Übernachtungsmöglichkeiten entwickelt, in denen die Teilnehmer der Workshops und Kurse auch wohnen können. Vor 100 Jahren hatte man sich das nicht träumen lassen. Dafür, dass alles so naturbelassen wie möglich bleibt, sorgen viele fleißige Mitarbeiter, die sich liebevoll um das große Areal kümmern.

Kunst, Kultur und me(e)hr

Im Klappholttal geht es vor allem um Muse und Kunst. Es wird gemalt, musiziert, getanzt, gelesen, geschrieben. Dazu kommen immer wieder Veranstaltungen, bei denen die ganz Großen der Szene einen Einblick in ihr Schaffen geben, worauf die Akademie zu Recht stolz ist. Gerade diese Lesungen oder Konzerte ziehen immer wieder zahlreiche Zuschauer an.

Die Sylter mussten sich die ersten Jahre an das neue Völkchen im Klappholttal gewöhnen. Viele standen den Teilnehmern und Veranstaltern zunächst einmal recht skeptisch gegenüber, konnten so richtig nichts mit dem, was dort angeboten wurde, anfangen. Heute haben sich die Insel und die Akademie weitestgehend angenähert und pflegen eine friedliche Koexistenz.

Abgeschiedenheit genießen

Die meisten Gäste im Klappholttal genießen es vor allem, dass sie auf der Insel und doch so weit ab vom normalen touristischen Treiben sein dürfen. Wer hier einkehrt, der gehört sicherlich nicht zu denen, die auf den Feiermeilen in Kampen oder Westerland zu finden sind. Natürlich haben sich auch die Ansprüche der Besucher im Klappholttal verändert. Ohne Heizung geht heute zum Beispiel nix mehr, und auch die sanitären Anlagen mussten der Zeit angepasst werden. Das Motto

„Einfachheit – Langsamkeit – Naturverbundenheit“ von Gründer Knud Ahlborn steht dennoch immer noch im Mittelpunkt des Angebots. Ebenso ist es immer noch Ziel, gemeinsam an einem pluralistischen, toleranten und demokratischen Weltbild zu arbeiten – das scheint heute wichtiger denn je.

Heute nennt die Akademie zwanzig Seminarräume ihr Eigen und verzeichnet pro Jahr rund vierzigtausend Übernachtungstage. Eine echte Erfolgsgeschichte, die sich sehen lassen kann.