Jeder, der nach Sylt kommt, will sie einmal gesehen haben. Einmal da gesessen haben, wo schon der eine oder andere Promi in die Dünen schaute und sich den Westwind um die Nase wehen ließ. Die meisten, die kommen, nehmen auch noch etwas mit nach Hause. Am besten etwas mit zwei kleinen gekreuzten Säbeln darauf, damit man ihnen auch glaubt, dass sie wirklich da waren und sie gesehen haben.

Die Rede ist von der wohl berühmtesten Holzbude der Welt, der legendären „Sansibar“ in Rantum. Als Herbert Seckler seine Gaststätte vor drei Jahrzehnten eröffnete, hat er wohl kaum mit dem Erfolg gerechnet, der sich schließlich einstellte. Im Gegenteil, immer wieder beteuert der Wirt aus dem Schwabenland gern, er habe viele Winter lang „kaum etwas gegessen“, nur um die Sansibar am Leben halten zu können. Denn am Ende ist auch die bekannte in den Rantumer Dünen gelegene Gastronomie ein Saisongeschäft.

Beliebte Bretterbude

Das merkt man vor allem im Sommer. In der Hochsaison ist es fast unmöglich einen Parkplatz direkt am Lokal zu bekommen, die meisten müssen auf die Ausweichparkplätze ausweichen. Der Hauptparkplatz gehört denen, die früh kommen – und viele davon kommen auch, um zu zeigen, was sie haben. BMW, Mercedes, Audis – selbstredend die großen SUV’s oder Sportwagen-Varianten – tummeln sich ebenso auf dem Parkplatz wie Bentleys und der eine oder andere Jaguar. Wer hier einkehrt, der ist eben auch ein wenig mondän und möchte schon gern dazu gehören. Dazu kommen die VIP-Mobile der Sansibar selbst, die erlesenes Publikum vom Parkplatz zum Lokal fährt. Alle anderen „müssen“ ein paar Minuten durch die Dünen gehen.

Einmal angekommen, bietet sich einem ein recht gemütliches Bild. Die einladende und komplett aus Holz bestehende Sansibar lädt ebenso zum Verweilen ein wie die Bänke und Strandkörbe davor oder der große Kinderspielplatz, auf dem sich die jüngsten Gäste vergnügen. Die Erwachsenen genießen Wein oder Kaffee und tun sich gütlich an dem, was aus der zugegeben guten Küche der Sansibar kommt. Eine kleine Berühmtheit ist sicherlich die Currywurst, die als eine der besten auf der Insel gilt.

Ganz klein angefangen

1978 hat Herbert Seckler an der Stelle, wo heute die Sansibar steht, einen Kiosk eröffnet. Gastronomie hat er eigentlich nach dem Prinzip „learning by doing“ gelernt. 22 Jahre jung kam er aus Wasseralfingen nach Sylt und betrieb in Westerland die Kneipe „Pesel“, außerdem nahm er den einen oder anderen Job auf Butterschiffen an. Auch einen Campingplatz hatte er einmal gepachtet – kurzum, Seckler war umtriebig, und so verwunderte es kaum, dass er schließlich einen Kiosk mitten in den Dünen aufmachte. Nach und nach mauserte sich der Kiosk zu dem, was Seckler heute sein Eigen nennt. Doch musste er 1982 einen schweren Rückschlag einstecken, als die erste Sansibar abbrannte und Herbert Seckler an derselben Stelle einfach eine neue baute.

Sansibar-Anhänger und Fans erkennen sich gegenseitig an den kleinen gekreuzten Säbeln, die man sich gern aufs Auto klebt oder als Label auf Taschen, Pullovern, Tüchern, Shirts und vielem mehr durch die Gegend trägt. Auch in die heimischen Küchen hat die Sansibar Einzug gehalten. Es gibt unzählige Würzmischungen und dazu die passenden Kochbücher – ein echtes Imperium. Das all diese Dinge am Ende „Sansibar“ heißen, ist nicht etwa einer fixen Idee des Herstellers geschuldet, sondern der schlichten Tatsache, dass der Strandabschnitt zwischen Rantum und Hörnum, an dem die Bar liegt, diesen Namen trägt.

Seckler ist es wichtig, dass sich jeder bei ihm wohlfühlt. So freut er sich nicht nur über bekannte Gesichter, sondern über jeden Gast, der zu ihm kommt. Platz finden Besucher im Innenraum auf rund 300 Plätzen, außen gibt es nochmal rund 360. Wer unbedingt drinnen sitzen möchte, der sollte auf jeden Fall reservieren, sonst muss er eben nehmen, was frei ist. Auf der Karte der Sansibar steht viel Hausmannskost wie Linsensuppe und Rouladen und natürlich auch frischer Fisch und köstliches Fleisch. „Offen“ ist hier immer, nur Heiligabend schließt Herbert Seckler die Türen – der Abend gehört ganz der Familie.

Ein Besuch in der Sansibar hat immer etwas mondänes, ist aber auch wunderschön. Zum Strand sind es nur ein paar Schritte, dann kann man seinen Kaffee auch mit Meerblick genießen. Den einen oder anderen Gast, der einfach nur mal protzen möchte, kann man schlicht belächeln und mit einem Blick auf das wogende Dünengras ausblenden. Aber so sind die wenigsten. Die meisten wollen eben einfach nur einmal da gewesen sein und das sehen, was ein einfacher Schwabe hier über Jahrzehnte geschaffen hat …